Hyongs – Die Essenz von Technik und Geist

Hyongs sind festgelegte Bewegungsabfolgen, die durch eine symbolische Choreografie von Angriffen und Verteidigungen ausgedrückt werden. Sie dienen im Training und bei Prüfungen als Maßstab für das technische Können, die Präzision und die geistige Reife des Übenden. Jede Form (Hyong) trägt eine tiefere Bedeutung, indem sie ein bestimmtes philosophisches Konzept oder einen historischen Hintergrund repräsentiert.

Der fortwährende Übungsweg der Hyongs schult nicht nur die perfekte Kontrolle über den Körper, sondern stärkt auch den Geist. Durch die Praxis werden Konzentration, Selbstdisziplin und das Streben nach Perfektion gefördert – grundlegende Prinzipien im Taekwon-Do.

Die 24 Hyongs – Symbolik eines Lebenszyklus

Die 24 Hyongs im Taekwon-Do basieren auf der tiefen Philosophie, dass ein Tag 24 Stunden umfasst – symbolisch für das gesamte Leben eines Menschen. Jede dieser Formen spiegelt eine Etappe der geistigen und körperlichen Entwicklung wider, die der Taekwon-Do-Schüler im Laufe seines Trainings durchläuft.

Die 24 Traditionellen Taekwon-Do Hyongs:

  1. Chon-Ji:
    Bedeutet „Himmel und Erde“ und repräsentiert den Ursprung von allem. Diese erste Hyong, die der Schüler erlernt, symbolisiert den Beginn des Trainingswegs und des Lebens selbst. Mit 19 Bewegungen legt sie den Grundstein für alle weiteren Techniken.
  2. Dan-Gun:
    Gewidmet dem legendären Gründer Koreas, Dan-Gun. Die 21 Bewegungen dieser Form spiegeln den Aufstieg von einem anfänglichen Verständnis zu größerer Weisheit wider, und ermutigen den Schüler, über die Techniken hinaus in die Philosophie des Taekwon-Do einzutauchen.
  3. Do-San:
    Benannt nach dem koreanischen Patrioten Ahn Chang-Ho. Die 24 Bewegungen dieser Hyong symbolisieren die unermüdlichen Bemühungen, Bildung und Wissen zu fördern, genauso wie Ahn Chang-Ho das koreanische Bildungssystem reformierte.
  4. Won-Hyo:
    Der buddhistische Mönch Won-Hyo brachte den Buddhismus nach Korea. Die 28 Bewegungen dieser Hyong reflektieren seinen spirituellen Weg und das Streben nach Erleuchtung, was im Training durch Disziplin und innere Ruhe dargestellt wird.
  5. Yul-Gok:
    Gewidmet Yi I, einem großen Philosophen Koreas, auch bekannt als der „konfuzianische Sokrates“. Die 38 Bewegungen dieser Hyong erinnern an seinen Geburtsort auf dem 38. Breitengrad und symbolisieren den tiefen Einfluss seiner Weisheit auf die koreanische Kultur.
  6. Chung-Gun:
    Diese Hyong ehrt Ahn Joong-Gun, der sich für die Unabhängigkeit Koreas einsetzte. Die 32 Bewegungen stehen für den Mut und das Opfer, das er brachte, und erinnern an den Willen, für das Land und die Freiheit zu kämpfen.
  7. Toi-Gye:
    Benannt nach Yi Hwang, einem konfuzianischen Gelehrten, stehen die 37 Bewegungen dieser Hyong für sein unermüdliches Streben nach moralischer Reinheit und Bildung. Sie lehren den Schüler, das Training nicht nur als körperliche, sondern auch als geistige Herausforderung zu betrachten.
  8. Hwa-Rang:
    Gewidmet den Hwarang-Kriegern, einer Elite junger Soldaten aus der Silla-Dynastie. Die 29 Bewegungen symbolisieren Mut, Ehre und Tapferkeit, Werte, die nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch im täglichen Leben und im Dojang angewendet werden sollten.
  9. Chung-Mu:
    Diese Hyong gedenkt Admiral Yi Sun-Sin, der als Stratege und Erfinder des gepanzerten Kriegsschiffes berühmt wurde. Die 30 Bewegungen spiegeln seine Brillanz und den Wert strategischen Denkens im Taekwon-Do wider.
  10. Kwang-Gae:
    Benannt nach König Kwang-Gae-Toh-Wang, der das koreanische Territorium erweiterte. Die 39 Bewegungen symbolisieren das Streben nach innerem und äußerem Wachstum und die Wiedervereinigung von Geist und Körper im Training.
  11. Po-Eun:
    Diese Form ist dem loyalen Gelehrten Chong Mong-Chu gewidmet, der für seine unerschütterliche Treue zur Koryo-Dynastie bekannt war. Die 36 Bewegungen lehren die Bedeutung von Ehre und Prinzipien, die im Taekwon-Do unverzichtbar sind.
  12. Ge-Baek:
    Ge-Baek, ein General der Baekje-Dynastie, steht für Strenge und Disziplin. Die 44 Bewegungen dieser Hyong fordern den Schüler, diese Prinzipien in jedem Aspekt seines Trainings und Lebens zu verkörpern.
  13. Yoo-Sin:
    General Kim Yoo-Sin trug entscheidend zur Vereinigung Koreas bei. Die 68 Bewegungen dieser Hyong erinnern an seine strategischen Fähigkeiten und den Willen zur Einheit, die sowohl im Kampf als auch im täglichen Leben eine zentrale Rolle spielen.
  14. Choong-Jang:
    Diese Hyong ist nach General Kim Duk Ryang benannt, der jung starb. Die 52 Bewegungen enden mit einer symbolischen Bewegung, die das unvollendete Leben des Generals darstellt und an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert.
  15. Ul-Ji:
    Diese Hyong ehrt General Ul-Ji Mun-Dok, der erfolgreich die chinesische Sui-Dynastie abwehrte. Sie lehrt, dass durch strategisches Geschick auch große Hindernisse überwunden werden können.
  16. Sam-Il:
    „Sam-Il“ bedeutet „1. März“ und erinnert an den Beginn der koreanischen Unabhängigkeitsbewegung. Die 33 Bewegungen spiegeln die Entschlossenheit und den Mut der Patrioten wider, die für Freiheit und Gerechtigkeit kämpften.
  17. Ko-Dang:
    Ko-Dang war ursprünglich Teil des Taekwon-Do, wurde jedoch später durch Juche ersetzt. Ko-Dang bedeutet „hoher Berg“ und symbolisiert die Widerstandskraft und den Mut von Cho Man-Sik, einem koreanischen Patrioten.
  18. Choi-Yong:
    Diese Hyong ehrt General Choi Yong, der für seine Tapferkeit bekannt war, aber tragischerweise durch Verrat fiel. Die 46 Bewegungen lehren, dass wahre Führung durch Integrität und Opferbereitschaft erreicht wird.
  19. Se-Chong:
    Benannt nach König Se-Jong, der das koreanische Alphabet schuf. Die 24 Bewegungen repräsentieren die 24 Buchstaben des Hangul und symbolisieren die Bedeutung von Wissen und Bildung im Leben eines Taekwon-Do-Schülers.
  20. Tong-Il:
    „Tong-Il“ bedeutet „Wiedervereinigung“ und repräsentiert den Wunsch nach der friedlichen Vereinigung Koreas. Die 56 Bewegungen spiegeln den langwierigen, aber notwendigen Weg wider, um Frieden und Einheit zu erreichen – ein Ziel, das auch im Taekwon-Do angestrebt wird.
  21. Eui-Am:
    Die Eui-Am Hyong ehrt Son Byong-Hi, einen Anführer der koreanischen Unabhängigkeitsbewegung. Die 45 Bewegungen symbolisieren Mut und den unerschütterlichen Kampf für Gerechtigkeit, wie er ihn gegen die japanische Besatzung führte.
  22. Moon-Moo:
    Diese Hyong ehrt König Moon-Moo, einen Herrscher der Silla-Dynastie, der für seine Bemühungen bekannt ist, die drei koreanischen Königreiche zu vereinen. Die 61 Bewegungen symbolisieren das Jahr 661 n. Chr., in dem König Moon-Moo die Macht übernahm. Die Hyong steht für Weisheit und den Wunsch nach Einheit.
  23. So-San:
    Diese Hyong ehrt den buddhistischen Mönch Choi Hyong Ung, der während der japanischen Invasion Koreas im 16. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielte. Er bildete eine Armee von Mönchen aus, um das Land zu verteidigen. Die 72 Bewegungen symbolisieren sein Alter und stehen für spirituelle Stärke und Tapferkeit.
  24. Yon-Gae:
    Die Yon-Gae Hyong ist benannt nach General Yon Gae Somun, einem berühmten Militärführer aus der Koguryo-Dynastie im 7. Jahrhundert. Er war bekannt für seine militärischen Fähigkeiten und seine Rolle bei der Verteidigung des koreanischen Reiches gegen die Angriffe der Tang-Dynastie aus China. Diese Hyong besteht aus 49 Bewegungen und symbolisiert den Kampfgeist, die Tapferkeit und das strategische Geschick von General Yon Gae Somun.

Die Entwicklung durch Hyongs

Hyongs im Taekwon-Do sind nicht nur ein Werkzeug, um körperliche Fähigkeiten zu verbessern, sondern auch eine Methode zur Schulung des Geistes. Jeder Schüler beginnt mit einfachen Formen und steigert sich zu immer komplexeren Hyongs, die präzise Techniken und ein tiefes Verständnis der Philosophie hinter der Kampfkunst erfordern. Dieser Weg symbolisiert die Entwicklung vom Anfänger zum Meister – von der Unwissenheit zur Weisheit.

In der täglichen Praxis fördern Hyongs Achtsamkeit und Konzentration. Jede Bewegung wird bewusst ausgeführt, jede Technik ist eine Herausforderung an Körper und Geist. Mit fortschreitendem Training lernen Schüler, dass es nicht nur um äußere Perfektion geht, sondern um die innere Haltung und die Fähigkeit, im Moment zu sein.

Hyongs als Verbindung zur Geschichte Koreas

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Hyongs ist ihre tiefe Verwurzelung in der koreanischen Geschichte und Kultur. Jede Form erzählt eine Geschichte von Helden, Philosophen oder historischen Ereignissen, die das Land und seine Identität geprägt haben. Dadurch wird Taekwon-Do nicht nur zu einer körperlichen Disziplin, sondern auch zu einem kulturellen Erbe, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Die historische Symbolik jeder Hyong lehrt die Schüler, Respekt für ihre Vorfahren zu empfinden und die Bedeutung ihrer eigenen Wurzeln zu verstehen und zu schätzen.

Fazit: Hyongs als Lebensweg

Die 24 Hyongs des Taekwon-Do sind weit mehr als bloße Techniken. Sie repräsentieren den symbolischen Lebensweg – eine kontinuierliche Reise von der Geburt bis zum Tod, von der Unwissenheit zur Weisheit. Jede Bewegung in einer Hyong ist ein Zeichen für Fortschritt und Selbsterkenntnis.

Für jeden, der Taekwon-Do praktiziert, sind die Hyongs nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine Möglichkeit, den Geist zu schulen und eine tiefere Verbindung zur eigenen Kultur und Geschichte zu finden. Das Üben der Hyongs ist ein Weg, der sowohl körperliche Perfektion als auch geistige Erleuchtung anstrebt – der wahre symbolische Weg des Taekwon-Do.